Durch die kräftigen Regen- und Schneefälle im Winter und seine Flüsse hat der Libanon theoretisch genügend Trinkwasser für seine Bewohner sowie genügend Wasser für die Landwirtschaft.
Bedingt durch die Nord-Süd-Erstreckung des Libanon-Gebirges verlaufen die meisten Flüsse von Ost nach West: sie entspringen im Libanon-Gebirge und münden ins Mittelmeer. Die zwei größten Flüsse des Landes machen dabei aber eine Ausnahme: der Litani entspringt in der Bekaa-Ebene und fließt durch diese auf dem längsten Teil seines Weges von Nord nach Süd, bevor er dann einen scharfen Knick nach Westen macht und ins Mittelmeer mündet; der Nahr el-Asi (der antike Orontes) entspringt im Antilibanon-Gebirge, fließt dann in die Bekaa-Ebene und von dort nach Norden - er verlässt den Libanon im Norden nach Syrien, wo er nach längerer Wegstrecke schließlich ebenfalls nach Westen abbiegt und ins Mittelmeer mündet.
Die Natur bringt klares Quellwasser hervor - wenn der Mensch die Natur respektiert.
Leider gibt es einige profitgierige Libanesen, welche die Qualität des Wassers kaum interessiert. Viele große oder kleine Firmen, auch welche Gestein abbauen, lassen das weißgraue Abwasser ungeklärt in die Flüsse. Ich habe aber auch schon öfters beobachten müssen, dass Flüssigkeiten aus Tankwagen illegal in Flüsse oder Straßenabläufe abgelassen wurden.
Der Fluss von Beirut ist im Sommer nur ein meist stinkendes Rinnsal. Im Laufe des Jahres sammelt sich im betonierten Flussbett allerlei Abfall an, z.B. Essensabfall, leere Plastikflaschen oder Autoreifen. Meist kurz vor der Regenzeit im Herbst kommt jährlich ein Aufräumungstrupp angefahren, um diesen z.T. zum Himmel stinkenden Abfall wegzuräumen. Je nach Windrichtung riecht man diesen Gestank mal in dem einen, mal im anderen anliegenden Stadtteil. Dass dieser Gestank ungesund ist, liegt auf der Hand.
Aber auch in anderen Flüssen, wie dem Litani ist streckenweise mit Müll gefüllt. Im Litani, kurz vor der Einmündung in den Stausee Qaraoun, wurden u.a. tote Rinder entdeckt.
Aber auch der "normale" Libanese ist nicht ganz unschuldig. Geht er am Wochenende am Fluss grillen oder picknicken, lässt er meist seinen Abfall einfach liegen. Früher oder später landet dieser z.T. im Fluss.
Zum Müllproblem kommen noch die immer mehr eingesetzten Düngemittel und Pflanzenschutzmittel hinzu, die früher oder später ins Grundwasser gelangen.
Es gibt zwar ein paar Wasserreinigungsanlagen im Libanon, die z.T. vom Ausland mitfinanziert werden. Aber sie haben nicht die hohe Qualitätsstufe um alle Chemikalien der Landwirtschaft, Industrie und Medizin unschädlich zu machen. Der technische Aufwand ist zu kostspielig.
Jedem normal denkenden Libanesen ist klar: Dieser unverantwortliche Umgang mit dem Wasser ist skandalös und ungesund für alle. Dabei ist der Libanon mit ausreichend Wasser gesegnet, das so lebensnotwendig ist. Außerdem ist der Libanon das einzige arabische Land ohne Wüste. Wenn das so weiter geht, vergiften sich die Libanesen immer mehr und mehr. Ob und wann es Kriege wegen Wasserknappheit gibt ist noch offen - aber sehr wahrscheinlich. Aber vielleicht kommt es auch gar nicht im Libanon dazu, da sie ja ihr Wasser vergiften.
Resultat: Dem Trinkwasser wird Chlor beigemischt, manchmal mehr, manchmal weniger. Ab und zu habe ich es gerochen, wenn ich den Trink-Wasserhahn in der Küche öffnete (Sie müssen wissen, in der Küche gibt es einen Wasserhahn für Trinkwasser und einen mit Warm-/Kalt Wasserhahn zum Waschen und Putzen). Was machen die Bewohner nun? Sie kaufen Wasser aus Plastikflaschen oder stellen sich Wasserspender in der Wohnung auf.
Aber ist das die Lösung? Zudem erhöht sich dabei in dramatischer Weise der Plastikmüll.
Leider packt niemand landesweit das Übel an der Wurzel an. Jeder Libanese weiß auch warum.
Zunächst seien hier die Flüsse aufgelistet, die von Ost nach West ins Mittelmeer fließen und meist aus dem Libanongebirge kommen ("nahr" bedeutet "Fluss" im arabischen):
Die 1300 m hoch gelegene Roueiss-Höhle ist mit einer bisher (Stand 2008) erforschten Ganglänge von 5460 m die zweitlängste Höhle des Libanon. Auch aus ihr entspringt im Winter und Frühjahr ein kräftiger Höhlenfluss, der im Laufe des Sommers dann aber oft vollständig versiegt. Im Gegensatz zur Afqa-Höhle tritt hier der Fluss aber nicht direkt aus dem Höhleneingang aus, sondern sickert einige Meter tiefer durch Blockwerk aus.
Der Nahr el-Kalb (Hundefluss) entspringt ca. 5 km nördlich von Faraiya, dem Wintersportzentrum des Libanon. Kurz unterhalb von Faraiya gräbt sich der Fluss tief, fast schon schluchtartig, ins Gelände ein; die Talhänge dort sind übersät mit bizarren Felsformationen aus Kalkstein. Der südliche Zufluss des Hundeflusses entströmt dem Sannine-Massiv, mit über 2600 m Höhe dem höchsten Berg des mittleren Libanon-Gebirges und der "Hausberg" von Beirut.
Der Litani ist mit etwa 150 km Länge der mit Abstand längste Fluss des Libanon und entwässert die Bekaa-Ebene nach Süden hin. Er beginnt mit vier Armen in der Bekaa-Ebene – Hauptquelle etwa 10 km westlich von Baalbek, im 1002 m hoch gelegenen Sattelpunkt der Ebene. Bei Chlifa auf der Höhe des Barouk-Gebirges stoßen drei weitere Flüsse hinzu.
Der Litani wird in der südlichen Bekaa-Ebene aufgestaut und bildet dort so den Qaraaoun-See. Etwa 15 km südöstlichlich von Nabatiyeh macht er eine scharfe Wendung nach Westen und mündet schließlich nördlich von Tyros ins Mittelmeer.
Im Libanon gibt es hier und da kleine natürliche Seen wie in der Nähe von Anjar.
In den letzten Jahren immer kleinere Stauseen angelegt. Ein eher kleiner aber sehr schöner Stausee befindet sich im Norden, zwischen Denniyeh und Akkar in der Nähe des Dorfes Saffaret el-Katih: Ayoun el-Samak.
Der Qaraaoun-See in der Bekaa-Ebene ist mit seinen 5 km Länge und im Mittel 1- 2 km Breite mit Abstand größte See des Libanon. Es handelt sich dabei um einen Stausee, der den Litani-Fluss aufstaut. 1959 wurde von jugoslawischen Ingenieuren mit dem Bau begonnen. Mit dem Seewasser werden etwa 8000 ha Land in der Bekaa-Ebene bewässert. Die 75 m hohe Staumauer wird zudem noch zur Stromerzeugung mit einer Leistung von 185 Megawatt genutzt. Die Dörfer am Westufer des Sees sind überwiegend christlich dominiert, während umgekehrt am Ostufer der Islam vorherrscht.
Die Fläche des Qaraaoun-Sees ist im Jahresverlauf starken Schwankungen unterworfen: Im niederschlagsreichen Winter und durch die Schneeschmelze im Gebirge im anschließenden Frühjahr füllt sich der Stausee mit Wasser, dass dann im folgenden meist niederschlagslosen Sommer und Herbst zur Bewässerung und Stromerzeugung dem See wieder entnommen wird. Somit erreicht normalerweise der See Ende April / Anfang Mai seine größte Ausdehnung und im November seine geringste.
Das nachfolgendes
Diagramm zeigt die Veränderung der Seefläche für die Jahre 1998 - 2011.
(Das Diagramm basiert auf
der Auswertung von Landsat-Satellitenbildern.)
Wie man sieht, ändert sich auch die maximale und minimale Seefläche spürbar von Jahr zu Jahr. Der im Frühjahr erreichte maximale Füllstand des Stausees hängt natürlich im wesentlichen von der Höhe der Niederschläge der vorangegangenen Wintermonate ab. Die im Diagramm eingetragenen Niederschlagswerte von Beirut (Juli - Juni umfassend, de facto aber Oktober - April, da in den anderen Monaten kein oder nur geringer Niederschlag fällt) sind aber nicht repräsentativ für den ganzen Libanon; man erkennt aber schon, dass eher geringe Regenmengen auch meist mit niedrigem Füllstand des Sees einhergehen (große Ausnahme: 2005, was nur bedeutet, dass es in Beirut deutlich weniger Niederschlag gab als im Rest des Landes).
Die Folgen trockener Jahre auf die Flüsse und Seen des Libanon konnte man sehr gut im Sommer 2014 sehen: Im Zeitraum September 2013 - August 2014 fielen nur ca. 320 mm Regen in Beirut, was etwa einem Drittel der normalen Niederschlagsmenge entspricht (im Jahr zuvor fielen z.B. 920 mm Regen) und auch im gesamten Land war ein entsprechendes Niederschlagsdefizit zu verzeichnen. Ein Vergleich mit Abb. 17 zeigt, dass diese 320 mm auch im langjährigen Vergleich schon sehr wenig sind. Das hatte deutliche Auswirkungen auf den Wasserstand der Flüsse, wie folgendes Foto zeigt.
Die Wintersaison 2010/2011 war normalfeucht und daher der Litani auch noch am Ende des Sommers ein "richtiger" Fluss, während er im Sommer 2014 schon eher einem Rinnsal ähnelt. Entsprechend drastisch sind natürlich auch die Auswirkungen auf den Seespiegel des Qaraaoun-Stausees:
Dass die geringen Niederschläge im Winter 2013/2014 verheerende Auswirkungen für die Bauern im ganzen Libanon hatte, kann man sich denken. Viele Bauern konnten ihre Felder oder ihren Garten aus Wassermangel nicht mehr bestellen. Olivenbäume trugen kaum und wenn, waren die Oliven meist zu klein und trocken, so dass man sie nicht verzehren konnte. Ein Großteil der Ernte war unbrauchbar. Zudem wurden bei dem niedrigen Stand und den vielen
syrischen Flüchtlingen
in der Bekaa-Ebene Fäkalien und dementsprechend verschiedene Krankheitserreger in den Flüssen, wie z.B. dem Zufluss des Qaraaoun-Sees, dem Litani, nachgewiesen.
Auch das Trinkwasser wurde knapp und musste noch mehr eingeteilt werden als die Jahre zuvor (obwohl in regenreichen Winter der Libanon genügend Trinkwasser für seine Bewohner hätte). Somit stieg der zusätzliche Kauf an Trinkwasser, eine weitere hohe finanzielle Ausgaben für die Einwohner des Libanon. Außerdem brauchen die rund zwei Millionen
syrischen Flüchtlinge
2014 ebenfalls zusätzlich Trinkwasser....
Strom, der durch den Stausee gewonnen wurde, wurde 2014 nur an die anliegenden Dörfer verteilt.
Im Winter 2014/2015 gab es schon bis Januar 2015 mehr Regen, als in den Jahren zuvor, so dass der fast ausgetrocknete Qaraaoun-See im Januar einen höheren Wasserstand hatte, als zur gleichen Zeit in den vergangenen Jahren. Es wird damit gerechnet, dass Wasser über den Überlaufturm abgelassen werden muss, damit es bei den umliegenden Dörfern zu keiner Überschwemmung kommt.
Diesen Winter lagen auch schon 40 cm Schnee in der Bekaaebene - zum großen Leid der
syrischen Flüchtlingen
in ihren dünnen Zelten - meist ohne bzw. nur geringer Heizmöglichkeit. Zudem war der Qaraaoun-See von ca. 13. - 15. Januar ganz zugefroren, so dass sich Wagemutige auf den See getrauten und einige sogar Schlittschuh liefen. In die Mitte des Sees getraute sich allerdings niemand, falls das Eis doch nicht halten sollte.
Schlittschuhlaufen auf dem Qaraaoun-See? Daran können sich selbst 80-Jährige im Libanon nicht daran erinnern!
BILDNACHWEIS:
Alle Bilder: S. M. El-Helou u. W. Rammacher