Syrische Flüchtlinge im Libanon

 

INHALT

Seit den Unruhen Anfang 2011 in den arabischen Ländern (Arabischer Frühling), so auch in Syrien seit März 2011, flüchten viele Syrer – vor allem seit dem Bürgerkrieg im Herbst 2011 – in den Libanon, in die Türkei und nach Jordanien.

70% der syrischen Flüchtlinge leben im Libanon unter Armutsgrenze. Die anfänglich mitgebrachten Ersparnisse sind nun über die Jahre aufgebraucht. Damit sie überleben können, schicken sie ihre Kinder mit schweren Herzen arbeiten. Kein Wunder, wenn viele von Ihnen nach Europa und vor allem nach Deutschland wollen. (Quelle: Weltspiegel: 19.1.2016 im ARD)

Mein literarischer Lesetipp: Kfar Sama. Dorf des Himmels von Mansour Labaky.
Ein Buch, das auf wunderbarer Art beschreibt, wie Liebe stärker sein kann als der Krieg – selbst im Krieg. Die reine selbstlose Liebe wird in einem Bergdorf im Libanon von allen Bewohnern gelebt: Ein Gedeck wird extra für den unerwarteten Gast gedeckt, damit er sich gleich willkommen fühlt... Als der Bürgerkrieg auch das kleine Dorf erreichte, gab ein kleines Mädchen einem alten Mann im kalten Zimmer seine wärmende Decke, weil es sah, dass er fror....
Obwohl es u.a. auch im Libanesischen Bürgerkrieg spielt, ist es kein Kriegsbuch, sondern ein Buch über reine Nächstenliebe. Ein Buch, das man gelesen haben muss – vor allem in unserer heutigen Zeit.
Leider nur noch gebraucht zu kaufen. Holen Sie es sich, solange es noch zu bekommen ist.

 

Meine Libanon-Reise im August/September 2014

Wie jedes Jahr, wollte ich auch 2014 wieder in den Libanon um Familie und Freunde zu sehen. Natürlich habe ich verschiedene Leute dort nach der Situation gefragt und ob ich kommen könne. Da gab es drei verschiedene Arten von Antworten:

  1. "Komm auf keinen Fall, man weiß nie, wann die Lage kippt und es zum Krieg kommt."
  2. "Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll."
  3. "Ach, im Libanon ist immer etwas los. Wenn du willst, komm. Aber wir können für nichts garantieren."

Ich habe mich dann zum Schrecken mancher für die dritte Antwort entschlossen, da ich großes Gottvertrauen habe und genau wusste, dass ER mich auf dieser Reise beschützen wird. Was er auch getan hat.
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Im Libanon angekommen, rieten mir alle in meiner Familie ab, das Land zu erkunden (mit einigen kleinen Ausnahmen: bleibe in der Nähe, geh nur von Beirut aus in den Norden, aber am besten nicht weiter als Jounieh). Es sei zu gefährlich, man wisse auch nie, wie sich die Lage entwickeln wird, wann es wo wie lange Straßensperren geben wird. Damit hatten sie nicht Unrecht: Es gab in bestimmtem Städten z.B. kleine Straßengefechte, plötzlich aufgestellte Straßensperren von der libanesischen Armee usw. Aber das Schlimmste: libanesische Soldaten in der Bekaa-Ebene wurden von der IS überfallen, einige entführt und zwei von ihnen wurden enthauptet... (wovon man nichts in den deutschen Medien hörte). Aber ich war bei all diesen schlimmen Ereignissen immer an einem sicheren Ort, und bekam nichts davon mit. Erst später erfuhr ich über die Nachrichten oder von der Familie davon. Dieses Jahr hatten viele Libanesen SMS-Nachrichten von verschiedenen Nachrichten- oder TV-Sendern wie LBC auf ihr Smartphone abonniert. Damit wurden vor allem innerpolitische Nachrichten brandaktuell auf ihr Smartphone geschickt, was manchmal wirklich sehr wichtig ist.
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Mit Absprache von Freunden, welche die politische Lage in den Medien genauestens verfolgten, habe ich doch den ein oder anderen Ausflug gewagt, z.B. ins Chouf-Gebiet in Richtung der Barouk-Zedern, dann über den Pass zum Qaraaoun-Stausee. Mich hatte der Wasserstand des Qaraoun-Sees interessiert, da es im letzten Winter nur sehr wenig geregnet hatte. Unterwegs habe ich als "Tourist" zu meinem Erstaunen kaum syrische Flüchtlinge wahrgenommen. Da oder dort schon und nicht in dem Ausmaß, wie ich es bei der hohen Anzahl erwartet habe. Auch waren von der höhergelegenen Straße, die zur Bekaa-Ebene hinunterführte sowie von den Hauptstraßen aus keine Flüchtlingslager zu sehen. Ebenso war beim Qaraoun-See zu meiner Überraschung scheinbar alles "normal". Erst als wir vom See Richtung Norden, am Fuße des Libanon-Gebirges durch das Weingebiet Kafraya fuhren, sahen wir einige Kilometer weiter die ersten Flüchtlingslager. An den kleinen Häuschen, die von der Größe aussahen wie Toilettenhäuschen, war die Aufschrift "Unicef" der Hilfsorganisation zu erkennen. Wir fuhren dann bei Chtoura wieder über die Berge nach Beirut zurück. Bei meiner Libanonreise 2016 organisierte Nimat Bizri einen Besichtigungstag für Mitarbeitern von Aktion Deutschland Hilft (sie wollten u.a. kontrollieren, was mit den Spendengeldern passiert) und mich in verschiedene Flüchtlingslager, für die sie Nachmittagsschulen organisierte. Auf der Fahrt war dieses Flüchtlingslager, an dem wir vorbeifuhren (natürlich) immer noch zu sehen.

Libanon-syrische-fluechtlinge Kleines Flüchtlingslager entlang der Hauptstraße in der Bekaa-Ebene.

Auch hier auf diesem Weg sah es für den "Touristen" fast wie immer aus. Mein Bekannter meinte dazu: Die Flüchtlinge leben ja nicht an den Hauptstraßen und die Flüchtlingslager sind auch nicht gerade dort. Nach Baalbeck und weiter nördlich wäre er aber auch nicht gefahren. Top

In Beirut, in der berühmten Hamra-Straße sah ich zum ersten Mal syrische Bettler. Mir wurde gesagt: In der Hamra-Straße hatten wir nie Bettler. An manchen Haus- bzw. Geschäftseingängen waren Schilder angebracht, auf denen auf Arabisch stand: "Auf der Treppe ist sitzen verboten." Das war auch neu.

In Bourj Hammoud, dem Armenierviertel nördlich von Beirut, sind seit einigen Jahren einige "normal" gekleidete Syrer, die Kleider einkaufen, zu sehen. Man hätte sie auch für arabische Touristen halten können. Dieses Mal kam mir ein gut gekleidetes Ehepaar entgegen, das ein kleines ganz dürres Kind, vielleicht 2-3 Jahre alt, auf den Armen trug. Der Anblick dieses kleinen müden hilflosen Geschöpfs fuhr mir durch die Glieder direkt ins Herz. Es ist doch ein himmelweiter Unterschied, ob man Bilder oder Filme von abgemagerten Kindern in den Medien sieht oder eins direkt vor seinen Augen! Es war so zerbrechlich.
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Was ich tun kann

Wir hier in Deutschland bzw. in vielen Teilen Europas sollten wirklich dankbar sein, dass wir alles und dazu meist noch in Überfluss haben. Wir sollten uns schämen, wenn wir (von oben herab) auf diejenigen schauen, die weit weniger haben als wir oder diese sogar noch beschimpfen bzw. mit Argwohn begegnen. Ich will mir kaum vorstellen, welche Kriegserlebnisse, Traumata, (sexuellen) Misshandlungen, Hunger, Kälte und Strapazen diese Leute durchmachen mussten! Viele, Erwachsene wie Kinder, haben zuschauen müssen, wie ihre Eltern, Kinder und/oder beste Freunde vor ihren Augen grausam getötet wurden. Manche sind auch in ihren Armen gestorben und sie hatten keinerlei Möglichkeit ihnen zu helfen. Welch unbeschreiblich schreckliches Gefühl der Hilflosigkeit und unsagbarer Trauer! Ich würde diese Ereignisse nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen, so ich denn einen haben sollte. Neben Geld (z.B. über Spendenaktionen) und Sachleistungen ist das, was sie von uns brauchen: Mitgefühl, aber auch offene Arme, Hilfsbereitschaft, Wärme und das Gefühl willkommen zu sein, wenn sie bei uns in unserem friedlichen Land Zuflucht suchen. Sie verlassen nicht freiwillig ihre geliebte Heimat, Freunde und Familie! Denken Sie daran: Hass erzeugt Hass - Gewalt erzeugt Gewalt und Liebe erzeugt Liebe.
Aber es gibt Gott sei Dank noch Menschen, die das wissen und selber etwas tun möchten. Und ich kenne einige, die in Deutschland für Flüchtlinge Kleider u.a. sammeln oder ihnen auch direkt helfen.
Ein Beispiel finden Sie weiter unten bei: Spontane Sammelaktion in Eigeninitiative für syrische Flüchtlinge im Libanon.
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Anzahl der syrischen Kriegsflüchtlinge im Libanon

Obwohl der Libanon das kleinste Nachbarland Syriens ist, hat er am meisten Flüchtlinge aufgenommen.
Laut Angaben des UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) vom Juni 2012 ist die Anzahl der syrischen Flüchtlinge im Libanon, die Hilfe bekommen, auf über 26.000 gestiegen. Davon sind 19.068 registriert. Aufgrund des Krieges in Syrien wird der Flüchtlingsstrom vor allem im Nordlibanon und der nördlichen Bekaa-Ebene nicht abreißen. Am 13.11.2012 sind bereits 87.021 syrische Flüchtlinge im Libanon bei der UNHCR registriert. 33.885 weitere haben sich bei UNHCR gemeldet, um sich registrieren zu lassen. Das sind 120.906 Syrien-Flüchtlinge allein im Libanon. Am 24.4.2013 waren es laut UNHCR; 441.370 Flüchtlinge, 325.791 davon sind registriert, 115.603 warten noch auf die Registrierung.

Seit Ende August 2013 – nach dem Chemiewaffeneinsatz in den Vororten von Damaskus am 21.8.2013 und einem eventuellen (angeblich zweitägigem) bevorstehenden Angriff des Auslands – gab es eine erneute große Flüchtlingswelle in die benachbarten Länder wie den Libanon. Am 26.09.2014 war die Zahl mit am höchsten. Am 18.10.2014 wurden die Grenzen zu Syrien für syrische Flüchtlinge offiziell geschlossen. *Nur in Ausnahmefällen, aus "humanitären Gründen", werden syrische Flüchtlinge aufgenommen. Aber auch schon Wochen zuvor wurden nur wenige Flüchtlinge in den Libanon eingelassen, was sich auch unten in der Tabelle widerspiegelt.

Seit 6. Mai 2015** registriert UNHCR Lebanon auf Anweisung der libanesische Regierung keine neuen Flüchtlinge mehr, so UNHCR. Das heißt aber nicht, dass keine Flüchtlinge ins Land mehr kommen!

Auch wenn seit Mai / Juni die offiziellen Zahlen der registrierten Flüchtlinge im Libanon zurückgehen, täuscht das gewaltig. Ob diese syrischen Flüchtlinge nun nach Deutschland ausgewandert sind, da es in den Flüchtlingslagern an Spendengeldern und dementsprechend an der nötigen Versorgung fehlt, weiß niemand so genau. Einige nicht registrierte Flüchtlinge sind ebenfalls nach Deutschland ausgewandert, da nun langsam ihr gespartes Geld ausgeht und Gerüchte von Schleppern ihnen u.a. ein Haus und Auto in Deutschland oder ähnlich Verlockendes versprechen.

Es kommen aber weiterhin syrische Flüchtlinge in den Libanon, nur werden sie halt einfach nicht mehr registriert. Da sind sie trotzdem - nur nicht in der Statistik!

 

Deutschland – Libanon zum Vergleich

In Deutschland lebten Ende 2017 (laut Statistisches Bundesamt) "rund 10,6 Millionen Personen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit" bei ca. 82 665,600 Einwohner, also knapp 13%. Darunter befanden sich 1.262.750 Syrer (12.255 mit unbefristetem Aufenthaltstitel) sowie 58.950 Libanesen (9.275 mit unbefristetem Aufenthaltstitel. Die viele Libanesen mit deutscher Staatsangehörigkeit sind hier nicht erwähnt).

Im Libanon leben ca. 4,3 Millionen Einwohner (samt palästinensischen Flüchtlingen) und ca. 1 Millionen registrierte syrische Flüchtlinge sowie ca. 500.000 - 1 Millionen nicht registrierten Flüchtlingen. Somit liegt allein der Anteil der syrischen Flüchtlinge zwischen 35% - 47% der Bevölkerung im Libanon.
*Statistisches Bundesamt

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Die hohe Dunkelziffer der syrischen Flüchtlinge darf nicht vergessen werden sowie die wohlhabenden Syrer und Syrer aus der Mittelschicht, die Unterschlupf und z.T. als Tagelöhner Arbeit gefunden haben. Zudem gibt es schon seit Jahrzehnten syrische Gastarbeiter, die hauptsächlich auf dem Bau arbeiten, einige schlagen sich seit jüngerer Zeit auch als Taxifahrer durch. Man bedenke, über 25 % der Bevölkerung des Libanon besteht nun aus syrischen Gastarbeitern und ca. 1 Million syrischer Flüchtlinge!
Zum Vergleich: Laut ARD am 04.03.2014 gab es Anfang 2014 ca. 60.000 syrische Flüchtlinge in Deutschland (Laut "Statistische Ämter des Bundes und der Länder" gab es in Deutschland Ende Juli 2013 über 80 Millionen Einwohner (gelesen 04.03.2014, Link nicht mehr vorhanden).

Am 6.5.2014 wurde die traurige 1 Million-Marke der registrierten Flüchtlinge im Libanon überschritten. Der Spiegel berichtete in seiner ersten Juni-Ausgabe, dass sich noch weitere 1 Million Flüchtlinge im Libanon aufhalten würden. Nimmt man diese Zahlen heißt das übersetzt: auf zwei Libanesen kommt ein syrischer Flüchtling! Und angeblich kommen pro Tag weitere 1000 Flüchtlinge ins Land. April/Mai 2015 wurde die Höchstmarke mit ca. über 1.180.000 registrierten Flüchtlingen erreicht.

Registrierte syrische Flüchtlinge: Verteilung im Libanon (laut UNHCR): Stand 30.09.2020

Gebiet Bevölkerung in% Bevölkerung
Bekaa 38,7
340.600
Nord Libanon 26.9 236.635
Beirut
23,4
205.883
Südlibanon
11,0
96.411

Zum Vergleich*: Deutschland hatte am 31.12.2018 insgesamt 10.089.292 Ausländer, also 12,2% der 83.019.213 Menschen in Deutschland.

*Quelle (gelesen 08.01.2021):
Statistische Ämter des Bundes und der Länder


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Seit Mai 2015 werden zwar keine Flüchtlinge mehr von UNHCR registriert, aber das heißt noch lange nicht, dass keine neuen Flüchtlinge in den Libanon kommen, um vor dem  schrecklichen Krieg in Syrien zu fliehen. Die Zahl der registrierten syrischen Flüchtlinge im Libanon verringert sich zwar stetig, aber was ist mit all den Babys, die nun im Libanon geboren werden? Was mit den neuen Flüchtlingen, die ins Land kommen? Nur weil nicht mehr registriert wird, ist das Schicksal all dieser Menschen nicht aus der Welt. Und es macht den Libanesen und den anderen Menschen im Libanon das Leben nicht einfacher.

Sie können sich dann ausrechnen, wie lange es dauert, dass es mehr syrische Flüchtlinge als Libanesen im Land geben wird, wenn der Krieg in Syrien nicht aufhört.
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Finanzierungsgelder
Die Zahl der registrierten Flüchtlinge im Libanon verringerte sich zwar stetig geringfügig, aber die Finanzierungsgelder waren sehr gering. Am 2. Mai 2016 sind nur 22% des benötigten Geldes bei der UNHCR vorhanden: 1.368.987.229 US-Dollar fehlen. Im Anfang November waren es noch 44%.

2017 gingen 1.103.492.675 US-Dollar Finanzierungsgelder ein. Aber 931.304.234 US-Dollar (45%) fehlten, um die Flüchtlinge zu versorgen.

Werden die Flüchtlinge, aber auch seine Einwohner und wird der Libanon von den "Großen" vergessen oder gibt es andere Gründe für die große finanzielle Lücke?
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Situation der syrischen Flüchtlinge im Libanon

Die meisten Syrer-Flüchtlinge im Libanon leben in dünnen Zelten, provisorischen Unterkünften oder heruntergekommenen Wohnungen ohne Zentralheizung. Die Kälte im Winter ist nicht nur in den bis zu 3000 m hohen Bergen, in der ca. 700 - 1000 m hohen Bekaa-Ebene, wo die Flüchtlinge meist in dünnen Zelten leben müssen, zu spüren, sondern auch in den Küstenstädten wie Tripoli, Beirut, Sidon oder Tyros. Wenn im Winter die Temperatur an der Küste 10 - 15 Grad beträgt, fühlt es sich durch die hohe Luftfeuchtigkeit viel kälter an als in Deutschland (siehe auch Aktuelles Wetter in Beirut). Ein dicker Pullover und Mantel wird als Minimum benötigt, um sich einigermaßen warm zu halten. Aber die meisten Flüchtlinge haben oft nur ihre Sommerkleidung aus Syrien mitgebracht bzw. besitzen nur das, was sie auf der Flucht auf dem Leib trugen. Einige sind sogar barfuß!
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Dazu kommt der harte Winter 2014/2015 mit seinen vielen ungewöhnlich starken Stürmen, heftigen und ergiebigen Regengüssen und Schneefall. In Beirut ist es tagsüber um die 10 Grad, die sich durch die hohe Luftfeuchtigkeit wesentlich kälter anfühlen als in Deutschland. In den Wohnungen bei geschlossenen Fenster, ohne installierte Heizung (was typisch ist, vor allem in älteren Wohnungen) ist es nur 14 Grad "warm"!
In der Bekaa-Ebene lagen im Winter 2014/2015 u.a. 40 cm Schnee und Minusgrade (bei dem selbst der große Stausee Qaraaoun gefror). Und gerade dort befinden unzähligen syrische Flüchtlingen in den überfüllten Flüchtlingslagern, die meist aus dünnen Zelten bestehen. Dieser Winter macht die Lage der Flüchtlinge noch unerträglicher, Babys erfrieren, Flüchtlingszelte stehen im Wasser. Es gibt nicht genügend Kanalisation für die dürftig vorhandenen Toiletten. Somit gelangen Fäkalien und dementsprechend verschiedene Krankheitserreger in Flüsse und ins Grundwasser...
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Der starke Regen dringt durch die Zelte oder dringt vom Boden her in die Zelte ein. Der erste Schnee ist im Winter 2013/2014 im Libanon zwar früh gefallen, aber Gott sei Dank hat es in der Folge im letzten Winter nur 3-4 Mal richtig geregnet bzw. geschneit. Das Ausbleiben des Regens war zwar in diesem Augenblick ein Segen, nicht aber für die darauffolgende Zeit. Da der Regen und die Schneefälle ausblieben, wurden die Wasserreserven, Flüssen und Seen und Quellen nicht aufgefüllt. Das Regenwasser und das Tauwasser, das von den Bergen z.B. in den Litani-Fluss fließt, blieben aus. Damit war der Litani Ende August 2014 nur ein trauriges Rinnsal, das den Qaraoun-Stausee füllen sollte. Der Qaraoun-See schrumpfte kläglich zusammen, wie im Kapitel "Geografie" zu sehen ist. Somit fehlte das lebenswichtige Regen- bzw. Tauwasser für die regenfreie Zeit im Sommer und Herbst 2014. Dementsprechend gab es große Ernteeinbußen; manch einer der Bauern konnte auf Grund des Wassermangels seine Felder nicht mehr bestellen. Eigentlich hätte der Libanon genügend Wasser für seine Bevölkerung, wenn es richtig genutzt und alle Wasserleitungen ausreichend gewartet werden würden. Somit herrscht auch in normalen, regenreichen Jahren Trinkwasserknappheit. Das Trinkwasser wird daher vom Staat rationiert und Trinkwasser muss oft privat hinzugekauft werden. Nun, mit dem Ausfall des Regens 2013/2014 und der hohen Flüchtlingszahl ist die Lage dramatisch. Noch mehr Trinkwasser und Wasser allgemein muss hinzugekauft werden.

Im Winter 2014/2015 regnete es so viel im Libanon, dass der Qaraoun-See wieder aufgefüllt ist und im Januar 2015 sogar angeblich einen höheren Wasserstand hat als sonst zu dieser Zeit. Zudem haben immer wieder starke Unwetter getobt. In der Bekaa-Ebene lagen ca. 40 cm Schnee, der Qaraoun-See war seit Jahrzenten wieder zugefroren! Als der Schnee taute, standen die Flüchtlingszelte unter Wasser bzw. im Schlamm. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt laufen viele Kinder nur in Badeschläppchen herum. Babys und alte, schwache Menschen sterben. Schnelle Hilfe ist am besten durch Geldspenden möglich. Dann können die Organisationen vor Ort das kaufen, was benötigt wird.
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Die Flüchtlinge, die etwas Geld aus Syrien mitbringen konnten, mieten sich Zimmer oder Wohnungen. Aber das Geld reicht nicht für ewig. Die Arbeitslosigkeit im Libanon ist hoch. Oft werden auch heruntergekommene Zimmer leider zu horrenden Preisen vermietet. Strom und Wasser in der Wohnung sind häufig im Libanon Mangelware und müssen extra gekauft werden. Die Preise für Lebensmittel und vieles mehr sind seit dem starken Zustrom der Flüchtlinge enorm gestiegen. Dies ist auch ein Problem für die libanesische Unterschicht und Mittelschicht geworden.

Daher ist die Lage für die syrischen Flüchtlinge (und auch für viele Einwohner des Libanon) im Libanon unmenschlich. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und andere Hilfsorganisationen tun was sie können, aber es ist lange nicht genug. Sie sind auch auf Spendengeldern angewiesen. Leider sind bis Ende 2017 nur 45% der benötigten Hilfsgelder überwiesen worden, d.h. 931.304.234 US-Dollar fehlen noch, so auf der UNHCR-Homepage zu lesen.
Viele der Flüchtlinge kann der UNHCR leider nicht erreichen, u.a. auch deswegen, weil noch Zigtausende gar nicht registriert sind.
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Hilfsorganisationen und Eigeninitiativen für syrische Flüchtlinge im Libanon

Viele Hilfsorganisationen wie Akut-Hilfe für Kinder und Jugendliche im Libanon, Aktion Deutschland Hilft, Caritas International, Diakonie - Katastrophenhilfe, MISEREOR, UNO-Flüchtlingshilfe (zufällige Auswahl !) rufen zum Spenden für die syrischen Flüchtlinge auf. Leider sind manche Hilfslieferungen nicht immer richtig vor Ort koordiniert, so dass eine Familie drei Mal eine Kochstelle erhält, anstatt auch Kleider, die sie dringend benötigen würden. Somit beginnen sie untereinander die doppelten Lieferungen zu tauschen oder zu verkaufen. Nichtsdestotrotz sollten die Hilfeleistungen nicht aufhören. Und der kalte Winter mit Schneefällen ist da.
Weitere Partner-Hilfsorganisationen sind auf der Seite der UNHCR unten unter der Überschrift "Who's Doing What Where?" aufgelistet, allerdings nur bis 2016.
Aber es gibt auch Menschen, die selber etwas tun möchten. Hier ein Beispiel unter vielen:
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Spontane Sammelaktion in Eigeninitiative für syrische Flüchtlinge im Libanon

Libanon Biberach-Syrische-Fluechtlinge Dr. Ackermann während seiner ersten Sammelaktion

Wer sagt, dass man als Einzelner nichts erreichen kann? Dr. Ralf Ackermann, ein deutscher Libanon-Fan, der nicht mit den Armen im Schoß untätig dem Elend der syrischen Flüchtlinge im Libanon zusehen wollte, kontaktierte mich am 21.11.2014. Für mich, ganz überraschend, erzählte er mir von seinem Vorhaben und ich gab ihm noch einige Informationen über die Situation im Libanon.
Was war sein Plan? In Eigeninitiative wollte er am 22.11.2014, am libanesischen Unabhängigkeitstag, auf dem Markt in Biberach an der Riß einen Flyer verteilten und Geld sammeln. Gesagt, getan! Den Betrag wird er dann mit einer eigenen Spende aufstocken und Caritas Lebanon Migrant Center überweisen. Von dieser Organisation im Libanon hat er direkten Kontakt zu einem der Mitarbeiter. Er schrieb mir folgendes über seine ersten Erfahrungen mit der Aktion:
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... ich war dann ab ca. 14.30 Uhr zwei Mal eine dreiviertel Stunde in Biberach am Markt. Ich konnte dann insgesamt 70 EUR sammeln. Viele wollten nichts spenden oder nicht auf der Straße, ein paar wenige dann aber doch. Alle Leute waren in Eile, außer dem ersten Spender. Spender zu finden war schon schwierig. Insgesamt waren es ja nur drei. Ein Passant hat sogar 50 EUR gespendet!
Wer was gespendet hat, hat mir offenbar vertraut und wollte dann weder informiert werden noch eine Adresse hinterlassen. Manche waren sich nicht sicher und haben den Flyer mitgenommen.
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Und er beließ es nicht bei diesem Wochenende, er macht weiter ....

Ich habe großen Respekt vor seinem Mut bzw. Zivilcourage und seiner Aktion. Und jeder Euro hilft!
Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, wie Kuchenverkauf, Patenschaft einer Flüchtlingsfamilie oder eines Flüchtlingskinds übernehmen etc. oder einfach Geldüberweisungen an Hilfsorganisationen. Suchen Sie sich die Version der Hilfe aus, die zu Ihnen passt. Das wäre ein wahres (Weihnachts)Geschenk der Nächstenliebe für einen Menschen oder eine Familie in Not, die es wirklich brauchen. Und je mehr spenden, desto mehr kann den syrischen Flüchtlingen und dem Libanon geholfen werden.
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Organhandel

Am 10.11.2013, 12:06 Uhr berichtet Ulrike Putz in ihrem Artikel auf Spiegel Online: Organhandel: Syrische Flüchtlinge im Libanon verkaufen ihre Nieren über den skandalösen Zustand, wie die Not der syrischen Flüchtlinge im Libanon von skrupellosen Organhändlern ausgenutzt wird.

Da sollten wir uns schon überlegen, ob wir nicht doch einen Organspendenausweis ausfüllen sollten (falls noch nicht getan) und ihn dann immer bei uns tragen. Ich trage meinen immer bei mir, auch mit meinem Einverständnis auf Englisch. Im Ausland habe ich den Organspenderausweis auf Englisch und Französisch dabei. Fahre ich mit anderen weg, spreche ich offen darüber und frage sie, ob sie auch einen haben! Auch meine Verwandten im Libanon wissen Bescheid. Denn auch Spenderorgane im Libanon, in Europa und Deutschland sind knapp!
Retten Sie Leben, wenn Ihre Zeit gekommen ist! Überlassen Sie diese Entscheidung nicht Ihren Angehörigen, sondern nehmen Sie jetzt diese Möglichkeit – Mitmenschen Leben zu retten – selbst in die Hand.
Ich hoffe, weder Sie noch Ihre Familienangehörigen oder Ihre Freunde werden je in die Situation kommen, auf ein Spenderorgan angewiesen zu sein, auf das Sie/sie lange – vielleicht zu lange – warten müssten. Sich jetzt mit diesem Thema zu befassen lohnt sich – in vielerlei Hinsicht. Informieren Sie sich und entscheiden Sie für sich.
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Folgen für den Libanon

Da die Tagesration für syrische Flüchtlinge von Hilfsorganisationen nicht zum Leben reicht, arbeiten sie (auch Kinder) (meist) illegal auf den Feldern oder verkaufen Nüsse, arbeiten bei Libanesen in den Geschäften oder bieten sich als Handwerker an. Natürlich ist ihr Stundenlohn wesentlich günstiger als der eines libanesischen Handwerkers. Die Arbeitslosigkeit im Libanon ist eh schon hoch und wenn der libanesische Handwerker Kunden verliert, bekommt er keine Unterstützung vom Staat. Aber wie soll er die Miete, Essen, Schulgeld für die Kinder.... bezahlen?

Der libanesische Staat mit seinen steigenden Schulden kann selbst bei bestem Willen unmöglich die syrischen Flüchtlinge unterstützen. Allein ihre Anwesenheit kosten den Staat 1 Milliarden US-Dollar pro Jahr (2013/2014). Die Infrastruktur wie die sowieso schon marode Wasser- und Stromversorgung sowie die Abfallentsorgung sind völlig überlastet.
Im Sommer 2014 zahlten die Vereinten Nationen den momentan knapp über 1 Million registrierten Flüchtlingen 26 US-Dollar pro Monat. Die anderen 1 Million Flüchtlinge erhielten nichts.
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Das libanesische Wirtschaftswachstum ist seit dem syrischen Bürgerkrieg von ca. 8% auf ca. 2% gesunken. Investitionen werden fast nicht mehr getätigt, die Arbeitslosigkeit steigt (geschätzt 2014: 40%). Ein soziales Sicherungssystem ist nicht wirklich vorhanden, der Konsum fällt, z.T. weil der (arabische) Tourismus, der 40% der Kaufkraft ausmachte, ausbleibt. Hotels bleiben fast leer, das Personal erhält notgedrungen Lohnkürzungen oder muss gar entlassen werden. Und dabei ist der Tourismus der größte Arbeitgeber mit 550.000 Arbeitnehmern im Libanon.
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In der Sendung Kalam Ennes des libanesischen Fernsehsenders LBCI wurden am 4.9.2014 u.a. folgende Informationen ausgestrahlt:

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Wie sollen die Flüchtlinge und der Libanon diese Situation verkraften?

Welcher Staat verkraftet 38% Flüchtlinge in seinem Land? Wie würde da z.B. Deutschland dastehen, das jetzt schon mit Problemen bei der Aufnahme von "wenigen" syrischen Flüchtlingen konfrontiert ist? Wie lange wird das "gut" gehen? Und die Zahl der (traumatisierten) syrischen Flüchtlinge steigt leider täglich, da der Krieg in Syrien Tag und Nacht gnadenlos weitertobt und dazu kommen nun auch noch die Probleme durch die IS in Syrien und dem Libanon...

Am 18.10.2014 sah sich die libanesische Regierung gezwungen ihre Grenzen für syrische Flüchtlinge zu schließen.

Da ein großer Teil der versprochene Gelder von den "reichen" Ländern nicht an die entsprechenden Stellen überwiesen wurden und auch sonst viel Geld für humanitäre Hilfe fehlt, können die verschiedenen Hilfsorganisationen nicht ausreichend für das Mindestmaß an Versorgung der Flüchtlinge sorgen. Kein Wunder, dass immer mehr Flüchtlinge auf Falschaussagen der Schlepper und Gerüchte hereinfallen und in das "reiche" Deutschland wollen.

Auf der Nachrichtenseite Beirut Reporter (www.beirut-reporter.net) gab es immer aktuelle Nachrichten auf Deutsch zum Thema Libanon und Syrien und den Nachbarländern. Jetzt ist Beirut Reporter (nur auf Twitter in Englisch) oder auf sporadisch auch auf Facebook zu lesen (hier übersetzt Facebook auf Deutsch).
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Quellen u.a.:
Kalam Ennas: Episode Syrian Refugees الملف التربوي, ausgestrahlt am 4.9.2014 in LBCI auf Arabisch.
Kalam Ennas: Report Rudy Hachach النازحون القنبلة الموقوتة , ausgestrahlt am 4.9.2014 in LBCI auf Arabisch.
"Libanon: Zukunft gesucht": Film von Katrin Sandmann (2014), ausgestrahlt am 8.8.2014 in 3Sat.
UNHCR: Syrische Flüchtlinge im Libanon (PDF-Datei)
UNHCR: offizielle UNHCR-Seite: Libanon
UNHCR: "UNHCR report shows health services for Syrian refugees increasingly overstretched", 26.4.2013

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